Scheinselbstständigkeit - Strafe und Folgen
Warum ist das Thema wichtig?
Scheinselbstständigkeit – also das falsche Einstufen eines eigentlich angestellten Mitarbeiters als Freelancer – zieht in Deutschland gravierende Konsequenzen nach sich. Welche Strafe droht bei einer Scheinselbständigkeit? Auftraggeber müssen mit hohen Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen, Säumniszuschlägen und sogar strafrechtlichen Sanktionen rechnen. Dieser Beitrag erklärt laienverständlich, aber juristisch korrekt, die finanziellen, arbeitsrechtlichen und strafrechtlichen Folgen von Scheinselbstständigkeit – untermauert mit aktuellen Gesetzen und Urteilen aus Deutschland. Das Fokus-Keyword „scheinselbständigkeit strafe“ wird im Text sinnvoll platziert, um die Thematik klar hervorzuheben.
Einleitung – Warum die Konsequenzen gravierend sind
Scheinselbstständigkeit ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein ernstes Risiko für Unternehmen, Auftraggeber und Freelancer. Formal erscheint die Zusammenarbeit wie ein freier Dienstvertrag, tatsächlich handelt es sich aber um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis – mit der Folge, dass Sozialabgaben und Steuern nicht korrekt abgeführt wurden . Wird eine solche Scheinselbstständigkeit aufgedeckt, sind die Konsequenzen oft existenzbedrohend: Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen nebst hohen Säumniszuschlägen können das finanzielle Aus bedeuten . Zudem drohen rechtliche Folgen, etwa rückwirkende Arbeitnehmerrechte des Freelancers oder sogar Strafverfahren gegen den Auftraggeber. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) und der Zoll prüfen bei Verdachtsfällen sehr genau – und viele Urteile fallen im Sinne der Sozialkassen aus . Kurz gesagt: Wer Scheinselbstständigkeit ignoriert, spielt mit erheblichen Strafen und Folgen, sowohl finanziell als auch strafrechtlich.
Finanzielle Folgen für den Auftraggeber
Für den Auftraggeber – also das Unternehmen oder den Auftraggeber des Freelancers – sind die finanziellen Folgen einer festgestellten Scheinselbstständigkeit oft am gravierendsten. Neben der eigentlichen Nachzahlung entgangener Beiträge müssen Unternehmen meist zusätzliche Gebühren und Zinsen tragen. Im schlimmsten Fall können diese Belastungen die wirtschaftliche Existenz gefährden. Nachfolgend die wichtigsten finanziellen Konsequenzen im Detail:
1. Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen
Wird ein Freelancer rückwirkend als Arbeitnehmer eingestuft, verlangt die Deutsche Rentenversicherung vom Auftraggeber die vollen Sozialversicherungsbeiträge für die gesamte Beschäftigungsdauer nach . In der Regel können bis zu vier Jahre rückwirkend Beiträge nachgefordert werden . Diese Verjährungsfrist ergibt sich aus § 25 SGB IV: Beitragsansprüche verjähren vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig wurden . De facto sind also fast fünf Jahre abdeckbar, wenn man den laufenden Zeitraum einbezieht . Bei Vorsatz (also bewusster Scheinselbstständigkeit) verlängert sich der Zeitraum drastisch: In solchen Fällen können Beiträge sogar bis zu 30 Jahre zurückgefordert werden . Der Auftraggeber muss die Gesamtsozialversicherungsbeiträge zahlen, also sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil . Üblicherweise übernimmt die Rentenversicherung die Nachforderung in einer Betriebsprüfung, spätestens im vierten Jahr nach Beitragsfälligkeit . Für den Auftraggeber bedeutet dies eine potenziell enorme Nachzahlungssumme, da alle Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nachzuzahlen sind, wie wenn der Freelancer die ganze Zeit Arbeitnehmer gewesen wäre .
2. Säumniszuschläge und Zinsen auf nachgezahlte Beiträge
Neben den reinen Beiträgen fallen Säumniszuschläge an. Die Sozialversicherung erhebt gemäß § 24 SGB IV für jeden angefangenen Monat der verspäteten Zahlung einen Zuschlag von 1 % des rückständigen Beitrags . Das entspricht stolzen 12 % pro Jahr – unabhängig vom aktuellen Zinsniveau. In der Praxis bedeutet das: Wird beispielsweise in einer vierjährigen Prüfperiode der erste Monat nachveranlagt, kommen auf diesen Zeitraum rund 48 % an Zuschlägen obendrauf . Für jeden Folgemonat reduziert sich der Aufschlag um 1 %-Punkt (weil die Verzugsdauer kürzer ist). Diese Zinsen und Säumnisgebühren summieren sich erheblich und können die Nachzahlung noch einmal deutlich erhöhen. Außerdem werden Nachzahlungen der Lohnsteuer fällig: Der Auftraggeber muss für die Vergangenheit die Lohnsteuer abführen, die bei korrekter Einstufung als Arbeitnehmer hätte einbehalten werden müssen . All das führt dazu, dass ein Nachforderungsbescheid der Rentenversicherung mitunter existenzgefährdende Höhen erreichen kann . Unternehmen klagen, dass sie für Fehler mit hohen Zuschlägen „bestraft“ werden, während sie vorher oft jahrelang keine Klarheit über den Status hatten . Nichtsdestotrotz sind diese Zahlungen gesetzlich vorgeschrieben und werden rigoros durchgesetzt.
3. Haftung: Auftraggeber muss Arbeitnehmeranteil meist alleine tragen
Ein besonders teures Detail für den Auftraggeber: Er bleibt in der Regel auch auf dem Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge sitzen. Normalerweise werden ja vom Gehalt eines Arbeitnehmers die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung einbehalten. Bei Scheinselbstständigkeit jedoch wurde nichts einbehalten, sodass diese Beträge nun nachträglich vom Unternehmen getragen werden müssen . Zwar sieht das Gesetz grundsätzlich vor, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile vom Lohn abziehen darf – aber ein unterbliebener Abzug darf nur bei den nächsten drei Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden . In unserem Kontext sind die strittigen Tätigkeiten oft lange abgeschlossen oder der Freelancer ist nicht mehr an Bord, weshalb diese Frist verstrichen ist. Die Konsequenz: Der Auftraggeber haftet für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) vollständig selbst . Diese Haftungsregel ist in § 28e Abs. 1 SGB IV festgelegt und dient dem Schutz der Arbeitnehmer . Selbst wenn der Freelancer falsche Angaben gemacht hat oder seine Selbstständigkeit betont hat – die Nachzahlungspflicht trifft das Unternehmen . In der Praxis bedeutet das oft einen doppelten finanziellen Schlag: Nicht nur müssen Beiträge für mehrere Jahre entrichtet werden, sondern eben auch jene Anteile, die normalerweise vom Gehalt des Arbeitnehmers abgegangen wären. Das kann insbesondere bei hohen Honoraren des Freelancers erhebliche Summen ausmachen. Kurz: Die Scheinselbstständigkeit wird für den Auftraggeber richtig teuer, da er alle versäumten Abgaben inklusive Arbeitnehmeranteile übernehmen muss.
Arbeitsrechtliche Folgen
Neben den Beitragsnachforderungen haben Scheinselbstständigkeiten auch arbeitsrechtliche Konsequenzen. Sobald ein Vertragsverhältnis von den Sozialversicherungsträgern als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gesehen wird, stellt sich die Frage: Was bedeutet das arbeitsrechtlich? Der Freelancer war ja eigentlich offiziell kein Arbeitnehmer – kann er nun rückwirkend Rechte geltend machen oder gar eine Festanstellung verlangen? Die Antwort ist komplex: Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht sind getrennte Sphären, doch sie beeinflussen sich in solchen Fällen. Folgende Punkte sind besonders wichtig:
Arbeitsrechtliche Folgen
Neben den Beitragsnachforderungen haben Scheinselbstständigkeiten auch arbeitsrechtliche Konsequenzen. Sobald ein Vertragsverhältnis von den Sozialversicherungsträgern als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gesehen wird, stellt sich die Frage: Was bedeutet das arbeitsrechtlich? Der Freelancer war ja eigentlich offiziell kein Arbeitnehmer – kann er nun rückwirkend Rechte geltend machen oder gar eine Festanstellung verlangen? Die Antwort ist komplex: Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht sind getrennte Sphären, doch sie beeinflussen sich in solchen Fällen. Folgende Punkte sind besonders wichtig:
1. Rückwirkende Arbeitnehmerrechte für den Freelancer
Wird eine Scheinselbstständigkeit festgestellt, kann der betroffene Freelancer nachträglich als Arbeitnehmer gelten – zumindest wenn er dies einfordert. Das bedeutet: Er hätte prinzipiell Anspruch auf sämtliche Arbeitnehmerrechte für die zurückliegende Zeit. Dazu zählen zum Beispiel Urlaubsansprüche, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Feiertagsvergütung und ggf. Überstundenzuschläge oder Weihnachtsgeld, soweit solche Leistungen im Unternehmen üblich sind. Sollte das Vertragsverhältnis beendet worden sein, könnten auch Kündigungsschutzansprüche relevant werden – etwa wenn der Freelancer ohne Einhaltung einer arbeitsrechtlichen Kündigungsfrist „freigesetzt“ wurde. Wichtig ist jedoch: Diese Rechte greifen nicht automatisch, sondern müssen vom Freelancer aktiv eingefordert oder eingeklagt werden . Die sozialversicherungsrechtliche Einstufung alleine ändert den zivilrechtlichen Vertrag zunächst nicht. Allerdings verschafft sie dem Freelancer eine sehr starke Position: Er kann vor dem Arbeitsgericht geltend machen, dass faktisch ein Arbeitsverhältnis bestand, und damit rückwirkend Nachzahlung von Gehalt bzw. Umwandlung des gezahlten Honorars in Bruttolohn verlangen. Dabei würde sein erhaltenes Honorar auf ein Bruttogehalt hochgerechnet – was im Zweifel dazu führt, dass alle Sozialabgaben vom Arbeitgeber zu zahlen waren . Für den Freelancer selbst kann dies bedeuten, dass er netto nicht viel nachträglich erhält (da sein Honorar meist höher war als ein Nettogehalt), aber er hätte z.B. Ansprüche auf Urlaubstage und Sozialversicherungszeiten gutgeschrieben. Insgesamt eröffnet eine anerkannte Scheinselbstständigkeit dem Freelancer also einige Rechte und Ansprüche, die vorher verwehrt waren – jedoch nur, wenn er sie geltend macht.
2. Fester Arbeitsvertrag im Nachhinein
In manchen Fällen mündet die Feststellung einer Scheinselbstständigkeit in einen nachträglichen Arbeitsvertrag. Insbesondere wenn der Freelancer seine Zusammenarbeit fortsetzen will, kann er nun fordern, formal als Angestellter übernommen zu werden. Ein Arbeitsgericht könnte feststellen, dass von Anfang an ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Die Folge: Der Freelancer hätte einen festen Arbeitsvertrag, so als wäre er die ganze Zeit regulär angestellt gewesen. Dies hat erhebliche Implikationen – etwa müsste eine Beendigung des Vertrags nun per ordnungsgemäßer Kündigung mit Kündigungsfrist erfolgen, statt dass man den „Freelance-Vertrag“ einfach auslaufen lässt. Für den Freelancer kann ein solcher nachträglicher Arbeitsvertrag Sicherheit bedeuten, wenn er dies wünscht. Allerdings ist zu beachten, dass das Arbeitsrecht nicht automatisch an die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung gebunden ist . Hat der Freelancer keine Lust auf eine Anstellung (viele Freelancer sind ja bewusst selbstständig), wird er nicht gegen seinen Willen in ein Angestelltenverhältnis gezwungen. Nur wer aktiv einen Statuswechsel will, kann sich „hineinklagen“. In der Praxis kommt es durchaus vor, dass Freelancer nach einer Statusprüfung vom Unternehmen übernommen werden – sei es, um rechtlich auf Nummer sicher zu gehen, oder weil der Freelancer seine neue Rechtsposition nutzt. Ein nachträglicher Arbeitsvertrag stellt das Unternehmen jedoch vor Herausforderungen: Oft war das Honorar des Freelancers höher als ein vergleichbares Angestelltengehalt, sodass neue Konditionen verhandelt werden müssen. Zudem wäre der Freelancer ab Vertragsschluss voll in den Betrieb einzugliedern, mit allen üblichen Pflichten und Rechten. Insgesamt zeigt sich: Scheinselbstständigkeit kann dazu führen, dass aus freien Mitarbeitern plötzlich feste Mitarbeiter werden – zumindest dann, wenn die Beteiligten dies im Nachhinein so regeln (oder ein Gericht dies feststellt).
3. Risiken für bestehende Freelancer-Verträge im Unternehmen
Ein einzelner Fall von Scheinselbstständigkeit im Unternehmen kann eine Kettenreaktion auslösen . Wenn die Rentenversicherung oder ein Gericht einen Freelancer als scheinselbständig einstuft, geraten automatisch ähnliche Vertragsverhältnisse im Betrieb unter die Lupe. Weitere Freelancer, die unter vergleichbaren Bedingungen arbeiten, könnten ebenfalls als Scheinselbstständige gelten. Für das Unternehmen heißt das: Entweder man passt schlagartig alle Freelance-Verträge an (um die echten Selbstständigen deutlicher abzugrenzen), oder man läuft Gefahr, dass bei der nächsten Prüfung gleich mehrere Fälle beanstandet werden. In der Praxis ist häufig zu beobachten, dass Unternehmen nach einer solchen Feststellung alle verbleibenden Freelancer-Verträge beenden, um das Risiko zu minimieren. Das wiederum führt zu Reputationsschäden: Spricht sich herum, dass ein Auftraggeber wegen Scheinselbstständigkeit „auffällig“ wurde, werden andere Freelancer vorsichtig sein, für diesen Auftraggeber zu arbeiten. Einige Unternehmen haben aus Angst vor Scheinselbstständigkeit sogar gänzlich aufgehört, Freelancer zu beschäftigen . Für bestehende freie Mitarbeiter im Betrieb ist die Situation ebenfalls prekär: Ihre Verträge stehen unter dem Generalverdacht, und die Zusammenarbeit kann abrupt enden, obwohl alle Seiten bis dahin zufrieden waren . Intern bedeutet ein Scheinselbstständigkeits-Fall oft auch Aufarbeitung: Personalabteilung und Geschäftsführung müssen Prozesse ändern und Mitarbeiter schulen, um künftig solche Fehleinstufungen zu vermeiden. Nicht zuletzt kann eine öffentliche Bekanntwerdung (z. B. durch einen Gerichtsprozess oder Presseberichte) dem Ansehen der Firma schaden. Auftraggeber gelten dann als unsauber in der Beschäftigungspraxis, was weder für Kunden noch für zukünftige Arbeitnehmer ein gutes Signal ist.
Strafrechtliche Folgen (bei vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit)
Wurde die Scheinselbstständigkeit bewusst herbeigeführt, also vorsätzlich, drohen zusätzlich strafrechtliche Konsequenzen für den Auftraggeber. Eine fahrlässige Fehleinschätzung (z. B. man hielt den Freelancer für echt selbstständig, hat sich geirrt) ist zunächst kein Strafbestand. Doch der Übergang zur Vorsatzprüfung ist fließend: Behörden unterstellen schnell „bedingten Vorsatz“, wenn Anzeichen vorliegen, dass der Auftraggeber die Scheinselbstständigkeit zumindest billigend in Kauf genommen hat . Etwa vertragliche Klauseln, in denen der Freelancer zusichern muss, selbstständig zu sein, oder Vereinbarungen, dass er alle Sozialabgaben selbst trägt, werden vor Gericht oft als Indiz für ein Bewusstsein des Auftraggebers gewertet . In solchen Fällen greifen zwei zentrale Straftatbestände: Vorenthalten von Sozialabgaben und Steuerhinterziehung.
1. Vorenthalten von Sozialabgaben (§ 266a StGB)
Das deutsche Strafgesetzbuch stellt das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen unter Strafe. § 266a StGB – Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt – besagt, dass ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung vorenthält, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft wird . Dieser Tatbestand greift, wenn z. B. ein Auftraggeber wissentlich einen Scheinselbstständigen nicht bei der Sozialversicherung angemeldet hat und so Beiträge vorenthalten wurden. Dabei macht sich der Arbeitgeber strafbar, nicht aber der Arbeitnehmer . Besonders schwere Fälle (etwa organisierte Form von Vorenthaltung oder sehr hohe Schadenssummen) können zu höheren Strafen oder zur Annahme eines besonders schweren Falls führen – in der Praxis sind Bewährungsstrafen und hohe Geldstrafen häufig. Ein Beispiel: 2018 verurteilte das Landgericht Göttingen einen Geschäftsführer, der 161 freie Mitarbeiter als Scheinselbständige einsetzte, zu 1 Jahr 6 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Zudem musste die Firma über 383.000 € an vorenthaltenen Beiträgen nachzahlen . Dieses Urteil wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt. Es zeigt, dass die Gerichte bei vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit durchaus empfindliche Strafen verhängen. Auftraggeber stehen in solchen Fällen also mit einem Bein im Strafrecht – die Staatsanwaltschaft ermittelt häufig automatisch, sobald die Rentenversicherung oder der Zoll einen Vorsatzverdacht melden .
2. Steuerhinterziehung
Scheinselbstständigkeit hat auch steuerrechtliche Aspekte, die strafrechtlich relevant sein können. Wird ein freier Mitarbeiter eigentlich als Arbeitnehmer eingestuft, hätte der Auftraggeber Lohnsteuer abführen müssen. Erfolgt dies nicht, kann das den Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) erfüllen – insbesondere dann, wenn die Nicht-Abführung vorsätzlich geschah, um Abgaben zu sparen. In vielen Fällen haben die Freelancer ihre Einkünfte zwar selbst versteuert (als selbstständiges Einkommen), jedoch entgehen dem Staat dennoch bestimmte Arbeitgeberabgaben und lohnsteuerliche Meldungen. Bei einer Prüfung wird das Finanzamt einschalten: Vorsteuerabzüge aus den Rechnungen des Freelancers werden rückgängig gemacht, da es sich ja um Scheinarbeitsverhältnisse ohne Umsatzsteuer handelt . Der Auftraggeber muss gezogene Vorsteuer an das Finanzamt zurückzahlen. Außerdem werden, wie erwähnt, Lohnsteuern nacherhoben . Stellt sich heraus, dass der Auftraggeber absichtlich diese Konstruktion gewählt hat, um Steuern zu sparen, liegt Steuerhinterziehung nahe. Hier drohen ebenfalls Geldstrafen oder Freiheitsstrafen (je nach Schadenshöhe bis zu 5 Jahre, in schweren Fällen mehr). Oft laufen Ermittlungsverfahren wegen § 266a StGB und Steuerhinterziehung parallel. Hinweis: Für den Freelancer selbst besteht in der Regel keine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung, sofern er seine Einnahmen ordnungsgemäß versteuert hat. Die Hauptverantwortung liegt beim Arbeitgeber, der die Lohnsteuer hätte einbehalten müssen. Ausnahmefälle können entstehen, wenn Freelancer und Auftraggeber gemeinsam eine Verschleierung vereinbart haben, um z. B. Arbeitsagentur-Leistungen zu erschleichen – dann könnte ggf. ein Vorwurf des Leistungsbetrugs im Raum stehen . Im Normalfall bleibt aber der Freelancer strafrechtlich unbehelligt, während der Auftraggeber die steuerstrafrechtlichen Risiken trägt.
3. Vorenthalten von Sozialabgaben (§ 266a StGB)
Das deutsche Strafgesetzbuch stellt das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen unter Strafe. § 266a StGB – Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt – besagt, dass ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung vorenthält, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft wird . Dieser Tatbestand greift, wenn z. B. ein Auftraggeber wissentlich einen Scheinselbstständigen nicht bei der Sozialversicherung angemeldet hat und so Beiträge vorenthalten wurden. Dabei macht sich der Arbeitgeber strafbar, nicht aber der Arbeitnehmer . Besonders schwere Fälle (etwa organisierte Form von Vorenthaltung oder sehr hohe Schadenssummen) können zu höheren Strafen oder zur Annahme eines besonders schweren Falls führen – in der Praxis sind Bewährungsstrafen und hohe Geldstrafen häufig. Ein Beispiel: 2018 verurteilte das Landgericht Göttingen einen Geschäftsführer, der 161 freie Mitarbeiter als Scheinselbständige einsetzte, zu 1 Jahr 6 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Zudem musste die Firma über 383.000 € an vorenthaltenen Beiträgen nachzahlen . Dieses Urteil wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt. Es zeigt, dass die Gerichte bei vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit durchaus empfindliche Strafen verhängen. Auftraggeber stehen in solchen Fällen also mit einem Bein im Strafrecht – die Staatsanwaltschaft ermittelt häufig automatisch, sobald die Rentenversicherung oder der Zoll einen Vorsatzverdacht melden. Details sind hier nachzulesen:
Hinweis: Für den Freelancer selbst drohen i. d. R. keine Strafen
Ein wichtiger Punkt zur Beruhigung der Auftragnehmer: Freelancer müssen in aller Regel keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten, wenn sich herausstellt, dass sie scheinselbstständig tätig waren . Aus Sicht der Rechtsordnung ist der „Scheinselbstständige“ nämlich das eigentlich schutzwürdige Gegenüber – derjenige, für den Sozialbeiträge hätten gezahlt werden müssen. Die Verantwortung liegt beim Arbeitgeber, der seine Pflicht zur Anmeldung verletzt hat . Entsprechend gibt es kein Bußgeldtatbestand „Scheinselbstständigkeit“ für den Freelancer. Weder drohen ihm Geld- noch Freiheitsstrafen aufgrund dieses Status. Wichtig: Der Freelancer darf natürlich nicht selbst aktiv mitgewirkt haben, z. B. indem er falsche Angaben gegenüber Behörden gemacht hat, um Vorteile zu erlangen (etwa Arbeitslosengeld bezogen und gleichzeitig als „Freier“ gearbeitet – dann könnte ihm Leistungsbetrug vorgeworfen werden ). Solche Konstellationen sind aber selten. In normalen Fällen gilt: Der Scheinselbstständige hat nichts zu befürchten, insbesondere nicht im strafrechtlichen Sinn. Auch finanziell wird er – wie im nächsten Abschnitt erläutert – durch Schutzvorschriften in der Sozialversicherung weitgehend davor bewahrt, rückwirkend zur Kasse gebeten zu werden.
Sozialversicherungs-Status für den Freelancer
Wird Scheinselbstständigkeit festgestellt, ändert sich für den Freelancer formell sein sozialversicherungsrechtlicher Status. Aus dem zuvor „selbstständigen“ Auftragnehmer wird rückwirkend ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer. Dies hat einige unmittelbare Folgen: Es besteht Pflichtversicherung in allen Zweigen der Sozialversicherung ab Tätigkeitsbeginn, und es stellt sich die Frage, wer die Beiträge zahlt. Außerdem können sich Konsequenzen für bereits gezahlte private Versicherungen ergeben. Hier die wichtigsten Punkte aus Sicht des Freelancers:
Sozialversicherungs-Status für den Freelancer
Wird Scheinselbstständigkeit festgestellt, ändert sich für den Freelancer formell sein sozialversicherungsrechtlicher Status. Aus dem zuvor „selbstständigen“ Auftragnehmer wird rückwirkend ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer. Dies hat einige unmittelbare Folgen: Es besteht Pflichtversicherung in allen Zweigen der Sozialversicherung ab Tätigkeitsbeginn, und es stellt sich die Frage, wer die Beiträge zahlt. Außerdem können sich Konsequenzen für bereits gezahlte private Versicherungen ergeben. Hier die wichtigsten Punkte aus Sicht des Freelancers:
1. Sozialversicherungs-Status für den Freelancer
Durch die Feststellung der Scheinselbstständigkeit wird der Freelancer so behandelt, als wäre er vom ersten Tag seiner Tätigkeit an pflichtversichert gewesen. Konkret heißt das: Er gehört (bzw. gehörte) in die gesetzliche Krankenversicherung, Rentenversicherung, Pflege- und Arbeitslosenversicherung – mit allen Rechten und Pflichten. Für die Vergangenheit übernimmt der Arbeitgeber (Auftraggeber) wie dargelegt die Nachzahlung der Beiträge, sodass der Freelancer nachträglich versichert ist, ohne selbst rückwirkend Beiträge abführen zu müssen . Das kann kurioserweise auch positive Effekte für den Freelancer haben: War er z. B. ohnehin gesetzlich krankenversichert (etwa freiwillig als Selbstständiger), bekommt er überzahlte Beiträge erstattet – schließlich zahlt ja nun der Arbeitgeber für die Zeit der Scheinselbstständigkeit den Beitrag . In der Rentenversicherung werden ihm die entsprechenden Zeiten gutgeschrieben, was seiner Altersvorsorge zugutekommt. Andererseits: War der Freelancer privat krankenversichert, steht er nun vor der Aufgabe, in die gesetzliche Kasse zu wechseln (weil Angestellte in der Regel versicherungspflichtig sind, sofern unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze). Ein Wechsel von privat zu gesetzlich kann schwierig sein, ist aber ggf. möglich – hierzu sollte man sich beraten lassen. Wichtig festzuhalten ist: Ab Enttarnung der Scheinselbstständigkeit gilt der Freelancer sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer, mit allen Konsequenzen. Für die Zukunft muss er also entweder formal angestellt werden oder die Zusammenarbeit beenden, denn einfach als „freier Mitarbeiter“ weitermachen geht nicht, ohne erneut Beiträge zu hinterziehen . Rein theoretisch könnte man das Auftragsverhältnis in ein sozialversicherungspflichtiges Honorarverhältnis umwandeln (Arbeitgeber führt Beiträge ab, Freelancer bleibt steuerrechtlich selbstständig), doch in der Praxis ist das kaum umsetzbar . Meist endet entweder der Auftrag, oder es erfolgt eine Festeinstellung des Freelancers.
2. Nachzahlung eigener Beiträge
Müssen Freelancer nun ihre eigenen Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen? In der Regel nein, dank der bereits erwähnten gesetzlichen Schutzvorschrift. § 28e SGB IV legt fest, dass der Arbeitgeber den vollen Sozialversicherungsbeitrag schuldet . Der Freelancer wird also für die Vergangenheit nicht zur Kasse gebeten. Eine Ausnahme besteht nur insoweit, als dass ein noch bestehendes Arbeitsverhältnis fortgeführt wird: Der Arbeitgeber darf binnen drei Monaten nach Feststellung der Scheinselbstständigkeit die Arbeitnehmeranteile via Gehaltsabzug einbehalten, jedoch maximal für die letzten drei Monate . In vielen Fällen ist das Arbeitsverhältnis aber gar nicht mehr existent oder es wird beendet, so dass diese Nachholung entfällt. Für den Freelancer heißt das: Er schuldet rückwirkend keine Beiträge, und der Auftraggeber hat kein Rückgriffsrecht gegen ihn für die Nachzahlungen . Allerdings könnte dem Freelancer indirekt Geld „verloren gegangen“ sein: Hätte er als Angestellter geringere Nettobezüge gehabt (wegen Abzügen), hat er als Selbstständiger zwar mehr netto bekommen, muss davon aber ggf. eigene Vorsorgeaufwendungen (z. B. private Rentenversicherung) bestritten haben. Diese Abwägung ist jedoch eher theoretisch – in der Praxis profitiert der Freelancer oft davon, dass er nachträglich abgesichert wird, ohne selbst zahlen zu müssen. Wichtig: Bereits gezahlte Beiträge des Freelancers zu eigenen Versicherungen können betroffen sein. Beispiel: Ein scheinselbstständiger Softwareentwickler hat freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt; stellt die DRV ihn nun als Arbeitnehmer fest, werden seine freiwilligen Beiträge erstattet, da nun Pflichtbeiträge vom Arbeitgeber gezahlt werden (ähnliches gilt für freiwillige Arbeitslosenversicherung). Insgesamt kann der Freelancer durch die Neubeurteilung sozialversicherungsrechtlich sogar profitieren – jedenfalls fallen für ihn keine Straf- oder Nachzahlungsforderungen an. Gleichwohl ist die Erfahrung oft traumatisch: Die eigene berufliche Unabhängigkeit wird im Nachhinein negiert, was viele überzeugte Selbstständige als Eingriff in ihr Selbstverständnis empfinden .
Reputations- und Geschäftsfolgen
Abseits von Geldstrafen und rechtlichen Konsequenzen hat eine Scheinselbstständigkeit auch weiche, aber nachhaltige Folgen. Unternehmen, die in solche Fälle verwickelt sind, leiden oft unter Reputationsverlust und müssen ihr Geschäftsmodell anpassen. Ebenso können Freelancer, deren Status korrigiert wurde, vor beruflichen Umbrüchen stehen. Im Folgenden zwei Aspekte, die häufig übersehen werden:
1. Schaden für die Zusammenarbeit mit anderen Freelancern
Wird ein Unternehmen als jemand bekannt, der Freelancer scheinselbstständig beschäftigt hat, spricht sich das in der Branche herum. Für andere selbstständige Experten kann dies ein Warnsignal sein: Viele meiden dann die Zusammenarbeit aus Angst, selbst in eine unklare Status-Situation zu geraten. Außerdem könnten besonders vorsichtige Unternehmen, wie erwähnt, ganz aufhören, Freelancer zu beschäftigen – was sowohl für Auftraggeber als auch für die gesamte Freelancer-Community nachteilig ist. Intern entsteht oft Misstrauen: Freelancer fragen bei Unternehmen vermehrt nach einer Statusprüfung oder verlangen eindeutige Vertragskonditionen, bevor sie zusagen. Die gesamte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und externer Expertise kann leiden, da bürokratische Hürden und Unsicherheit zunehmen. Für bereits laufende Projekte bedeutet ein Scheinselbstständigkeits-Fall oft Unruhe im Team: Feste Mitarbeiter erfahren davon und blicken ggf. skeptischer auf Kollegen, die als Externe arbeiten. Auftraggeber müssen damit rechnen, dass auch Kunden oder Partner negativ reagieren, wenn publik wird, dass man gesetzliche Vorgaben umgangen hat. Kurz: Der Ruf eines Unternehmens kann erheblichen Schaden nehmen, was langfristig teurer sein kann als manche Geldstrafe.
2. Beispiel-Fälle (bekannte Vorfälle)
Immer wieder schaffen es Scheinselbstständigkeits-Fälle in die Schlagzeilen – meist dann, wenn viele Personen betroffen sind oder hohe Strafen verhängt wurden. Prominent ist z. B. der „Honorararzt“-Komplex: Freiberufliche Ärzte in Kliniken wurden von der Rentenversicherung häufig als scheinselbstständig eingestuft, was zu teuren Nachzahlungen für Kliniken führte (das Bundessozialgericht bestätigte etwa 2020 die Sozialversicherungspflicht solcher Honorarärzte). Auch in der IT-Branche gab es Fälle, in denen etwa ein Softwareunternehmen mehrere Entwickler als Freelancer beschäftigte, die jedoch wie Angestellte in Projekte eingebunden waren. Nach einer Prüfung musste das Unternehmen für mehrere Jahre Beiträge nachentrichten und stellte anschließend alle freien Mitarbeiter fest an, um weiterer Strafen zu entgehen. Ein gerichtlicher Präzedenzfall betraf einen Veranstaltungsdienstleister in Göttingen: Er hatte Helfer als „Subunternehmer“ deklariert, obwohl sie fest in den Betriebsablauf integriert waren. Ergebnis war eine Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (161 Fälle) und eine Nachzahlung von rund 383.000 € . Solche Urteile dienen als Warnung an andere Unternehmen. Die Deutsche Rentenversicherung veröffentlicht zudem regelmäßig Hinweise und Prüfkriterien, und in Berufsverbänden wird offen über bekannte Fälle gesprochen. Branchenübergreifend lässt sich beobachten, dass insbesondere in Bereichen wie Baubranche, Kurier-/Lieferdienste und Kreativwirtschaft Scheinselbstständigkeit immer wieder Thema von Razzien und Gerichtsprozessen ist. Für Freelancer und Auftraggeber heißt das: Man sollte aus diesen Beispielen lernen und präventiv dafür sorgen, dass die eigenen Verträge auf soliden Füßen stehen, um nicht selbst zum nächsten Fall in den Medien zu werden.
Fazit – Lieber früh gegensteuern als im Nachhinein zahlen
Die Feststellung einer Scheinselbstständigkeit ist für alle Beteiligten ein schmerzhafter Weckruf. Auftraggeber sehen sich mit hohen finanziellen Forderungen, rechtlichen Ansprüchen und dem Damoklesschwert strafrechtlicher Verfolgung konfrontiert. Freelancer verlieren unter Umständen ihre Unabhängigkeit und werden in ein Angestelltenverhältnis gezwungen – oder stehen plötzlich ohne Auftrag da. Unser Fazit: Es ist weitaus klüger, frühzeitig gegenzusteuern, als im Nachhinein teuer zu bezahlen. Unternehmen sollten präventiv jedes freie Mitarbeitverhältnis prüfen (notfalls durch ein Statusfeststellungsverfahren bei der DRV ), um auf der sicheren Seite zu sein. Gibt es auch nur den Hauch eines Zweifels, sollte der Vertrag angepasst oder die Person fest angestellt werden. Freelancer wiederum sollten auf klare Verträge achten und können selbst bei der DRV eine Statusklärung beantragen, wenn sie unsicher sind . Die geltenden Gesetze und Urteile – von § 7 SGB IV (Beschäftigungsbegriff) bis hin zu § 266a StGB (Vorenthalten von Arbeitsentgelt) – zeigen unmissverständlich, dass Scheinselbstständigkeit kein tolerierbares Risiko ist. Im Zweifel drohen Nachzahlungen, Säumniszuschläge, rechtliche Ansprüche und sogar Strafverfahren. Daher gilt: Lieber kein Risiko eingehen – schon im eigenen Interesse. Wer von Anfang an für klare Verhältnisse sorgt, erspart sich und allen Beteiligten die erheblichen Folgen und Strafen bei Scheinselbstständigkeit.
Rechtsanwalt Kristian Borkert
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